Magen-Darm-Probleme gehören zu den häufigsten Beschwerden, mit denen Tierbesitzer*innen in meine Praxis kommen – vor allem bei Hunden. Oftmals hilft eine hochverdauliche Schonkost, aber manchmal ist das allein nicht ausreichend. In solchen Fällen setze ich gezielt bestimmte Fasern ein, die den Magen-Darm-Trakt unterstützen und Beschwerden lindern können. Heute möchte ich euch zeigen, wie und wann ich Zellulose, Flohsamenschalen, Pektin und Ulmenrinde einsetze und warum diese natürlichen Helfer eine tolle Ergänzung zur regulären Fütterung sein können.
Zellulose: Der unsichtbare Helfer für festeren Kot
Zellulose ist eine Faser, die weder von Hunden noch von den Mikroorganismen in ihrem Darm verdaut werden kann. Sie zählt zu den „nicht fermentierbaren“ Fasern und wird aus Laubbäumen gewonnen. Der Hauptvorteil von Zellulose liegt in ihrer Fähigkeit, Wasser zu binden – bis zum 14-fachen ihres eigenen Gewichts! Dadurch kann sie helfen, den Kot zu festigen, wenn ein Hund trotz angepasster Ernährung immer noch weichen Kot hat. Sie ist auch ideal für Hunde, die in Stresssituationen (zum Beispiel beim Urlaub oder Besuch) empfindlich reagieren und weichen Kot bekommen.
Die Anwendung ist einfach: Zellulose kann dauerhaft oder bei Bedarf gegeben werden, und ihr müsst euch keine Sorgen um den Geschmack machen – Zellulose ist absolut geschmacks- und geruchsneutral. Wichtig ist, die Dosis langsam zu steigern. Startet mit einer kleineren Menge und steigert sie schrittweise, bis ihr die ideale Kotkonsistenz erreicht. Meine Faustregel: 0,5 bis 1 Gramm Zellulose pro Kilogramm Körpergewicht, aufgeteilt über die Mahlzeiten.
Flohsamenschalen: Schleimbildung für den Magen
Flohsamenschalen sind ebenfalls nicht fermentierbare Fasern, sie binden aber etwas weniger Wasser als Zellulose. Dafür haben sie einen besonderen Vorteil: Sie bilden einen schützenden Schleim, der den Magen auskleidet. Das macht sie ideal für Hunde, die zu Übersäuerung neigen. Wenn ihr Flohsamenschalen verwenden wollt, gießt sie mit heißem Wasser auf und lasst sie 10 bis 15 Minuten quellen. Dann könnt ihr die gequollenen Flohsamenschalen zur Fütterung hinzufügen – das Schleimige ist zwar vielleicht nicht das Schönste, aber es hilft Hunden mit empfindlichem Magen sehr.
Ein Vorteil von Flohsamenschalen ist die Möglichkeit, sie mit Zellulose zu kombinieren. So könnt ihr einerseits den Magen unterstützen und gleichzeitig den Kot festigen. Die Dosierung ist identisch mit Zellulose – auch hier gilt: langsam steigern und über alle Mahlzeiten verteilen.
Pektin: Präbiotische Unterstützung für eine gesunde Darmflora
Pektin gehört zu den „fermentierbaren“ Fasern und wird von den Mikroorganismen im Darm abgebaut. Diese Faser ist vor allem in Äpfeln und Karotten enthalten und kann als Pulver oder in Form von Karotten- oder Apfelflocken verabreicht werden. Das Besondere an Pektin ist seine präbiotische Wirkung: Es wird im Darm zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut, die den pH-Wert im Darm senken und eine gesunde Mikroflora fördern. Das ist nicht nur für den Magen-Darm-Trakt gut, sondern entlastet auch Leber und Nieren – besonders wichtig für Hunde mit bestehenden Organproblemen.
Pektin lässt sich einfach ins Futter mischen und kann sowohl langfristig als Unterstützung als auch in Form einer 12-wöchigen Kur eingesetzt werden. Dosierungstipp: Auch hier wieder 0,5 bis 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Ulmenrinde: Schutzschleim für akute Magenprobleme
Ulmenrinde ist mein Lieblingsmittel im Akutfall, vor allem für Hunde, die morgens schlecht fressen, weil sie unter Übersäuerung leiden. Sie bildet einen besonders schleimigen Schutzfilm im Magen und kann so Reizungen lindern. Ulmenrinde wird mit Wasser angerührt und kann entweder direkt oder vermischt mit Joghurt gefüttert werden. Wenn der Hund die Ulmenrinde nicht direkt frisst, hilft manchmal eine kleine Menge vom Lieblingsfutter, um sie schmackhafter zu machen.
Ulmenrinde eignet sich gut für eine kurzfristige Anwendung, zum Beispiel für drei bis vier Tage am Stück. Achtet nur darauf, Ulmenrinde nicht gleichzeitig mit Medikamenten zu geben, da sie deren Aufnahme beeinflussen kann.
Welche Faser passt für euren Hund?
Die Entscheidung, welche Faser die richtige ist, hängt oft davon ab, welche Beschwerden das Tier hat:
- Zellulose für Hunde mit dauerhaft weichem Kot oder als Unterstützung bei Stresssituationen
- Flohsamenschalen für Hunde mit Magenübersäuerung, die einen schützenden Schleim im Magen brauchen
- Pektin für Hunde, die eine Darmflora-Aufbau-Kur brauchen oder deren Leber/Niere entlastet werden soll
- Ulmenrinde für akute Übersäuerungsprobleme, die besonders morgens auftreten
Bevor ihr jedoch mit der Faserergänzung beginnt, empfehle ich, zuerst auf eine hochverdauliche Schonkost umzustellen. Die richtige Basis ist wichtig, damit Fasern ihre volle Wirkung entfalten können.
Probier aus, was deinem Hund am besten hilft, und achte darauf, die Dosis schrittweise zu steigern. Jede dieser Fasern kann auf ihre Weise das Wohlbefinden und die Verdauung deines Hundes unterstützen.
Für mehr Informationen zur Ernährung von Hunden schau gerne auf meinem Instagram-Kanal vorbei oder hör dir meinen Podcast an. 🙂
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